Beitrag aus dem Magazin Korea forum 2016, S. 98-103:

Mein Alltag in Pyongyang

Gehörlosenarbeit in Nordkorea

Robert Grund

In letzter Zeit war ich sehr beschäftigt und kam erst am letzten Sonntag im August dazu, mir ein paar Gedanken über den Inhalt des Artikels zu machen. Ein Bericht über meine alltägliche Arbeit im heißen August, warum eigentlich nicht?

Am 2. August flog ich – wie jedes Mal – mit der nordkoreanischen Fluggesellschaft AIR KORYO zurück nach Pyongyang. Aber dieses Mal war etwas anders. Am Flughafen in Peking war ich mit zwei Touristinnen aus Hamburg verabredet. Wir waren so sehr auf unser Gespräch konzentriert, dass wir die Flugansage verpassten. Ich dagegen verpasse die Flugansagen immer. Aus diesem Grund waren die zwei koreanischen Mitarbeiter von AIR KORYO sehr erleichtert, als sie uns fanden und zum Flughafenbus bringen konnten.

Eine barrierefreie Flugansage mit Hilfe einer visuellen Technik wie beispielsweise eines Bildschirms wäre eine gute Idee, aber ich bin auch selbst schuld, weil ich beim Einchecken das Flughafenpersonal nicht über meine Gehörlosigkeit informiert hatte. Sonst gebe ich immer vorher Bescheid, wenn ich einchecke.

Nach dem gut zweistündigen Flug mit dem berühmten AIR KORYO-Hamburger, war ich wie immer gut in Pyongyang gelandet und zuerst mussten mein Laptop und manch andere Dinge registriert werden, genauso wie ich beim Zoll auch schon registriert wurde. Dann wurde ich von meiner Begleitperson oder Dolmetscher oder Chauffeur oder Guide, egal wie man ihn bezeichnen mag, abgeholt.

Am nächsten Tag holten wir die zwei Touristinnen aus Hamburg vom Yanggakdo Hotel ab und fuhren zur Bauernstube im ehemaligen DDRBotschaftsgebäude. Die Bauernstube findet einmal im Monat statt. Eine Deutsche von der Botschaft der BRD kocht unterschiedliche, meistens deutsche Gerichte. Damals gab es Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat. Neben vielen Gesprächen, flossen diesmal auch Tränen. Die Botschaftssekretärin der BRD wurde nämlich verabschiedet. Dabei dachte ich mir, dass man eben kommt und wieder geht und dass ich als Nächster an der Reihe sei. Die Bauernstube ist ein guter Platz, für die in Pyongyang lebenden Ausländer, um sich auszutauschen und die neuesten Informationen loszuwerden. Hier kann man gut seinen aufgestauten Frust loswerden. Leider konnte ich nur versuchen von den Lippen abzulesen. Es gab allerdings auch Leute, die sich die Mühe machten und mit mir schriftlich kommunizierten.

Am 4. August besuchte ich das Gehörlosenzentrum. Dort übergab ich dem ersten Gehörlosenkindergarten einen Koffer mit Sachspenden von Playmobil. Außerdem brachte ich wie versprochen der Gehörlosenwerkstatt eine Sprühpistole mit, diese wurde auf Empfehlung eines gehörlosen, staatlich geprüften Lackierers in Berlin und mit Unterstützung der Stiftung Umverteilen beschafft.

Neben der reibungslosen Kommunikation mit den jungen koreanischen Gehörlosen bereitete mir auch das Wiedersehen mit ihnen große Freude. Ich passierte die Gehörlosenwerkstatt und freute mich sehr, die ersten Kinder im Gehörlosenkindergarten zu begrüßen und mit ihnen einige Worte in der koreanischen Gebärdensprache zu wechseln. (Gebärdensprache ist eine natürliche Sprache mit einem eigenständigen Grammatikaufbau. Jedes Land hat eine eigene Gebärdensprache und in jedem Land existieren auch Dialektsprachen.) Da ihre Hände so winzig sind, gebärden sie sehr niedlich.

Anschließend ging ich hinauf zur 4. Etage zum Gehörlosenzentrum, wo der Sitz des Gehörlosen-, Gebärdensprachdolmetscher- und Blindenverbands Koreas ist. Dort erwarteten mich drei Mitarbeitende zu einem Gespräch. Die Stimmung ist oft sehr unterschiedlich, mal freundschaftlich, mal so wie in einem Comic. Aber diesmal war das Gespräch freundschaftlich. Vielleicht weil ich die Bedürfnisse durch die »Geschenke« aus Deutschland befriedigen konnte. Das Playmobil-Spielzeug und die Sprühpistole waren die besten Geschenke.

Über eines der vielen Gesprächsthemen möchte ich gerne berichten: Während des Besuchs unseres Vereinsvorsitzenden von ZUSAMMENHamhung e.V., der den Fokus auf die Blindenarbeit gelegt hat, hatte ich mich gefragt, warum es keine Braille-Schrift auf den Speisekarten gibt. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass eine andere Person das Essen für mich bestimmt, zum Beispiel kann ich keinen Fisch essen. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass Blinde das Essen selbstständig und ohne Unterstützung von sehenden Personen von der Speisekarte auswählen können sollten.

Das wäre die erste Verwendung der Braille-Schrift in der Öffentlichkeit Nordkoreas – vielleicht ein Inklusionsgedanke? Aber ich war mir nicht sicher, ob es den Blinden gefallen würde. Vielleicht sind sie auch anderer Meinung? Das wollte ich mit unseren blinden Mitgliedern von ZUSAMMEN-Hamhung im Sinne unserer Arbeitsphilosophie NAUWU (»Nothing About Us Without Us«), »Nichts über uns ohne uns« herausfinden. Das Resultat war, dass sie nichts dagegen hatten. Das freute mich.

In diesem Zusammenhang möchte ich unser Arbeitsprinzip »Nichts über uns ohne uns« näher erläutern. Die Braille-Schrift wird von Blinden und Sehbehinderten durch das Berühren mit den Fingern »gelesen«. Die Braille-Schrift in der Speisekarte betrifft Menschen mit Sehbehinderung, daher sollten wir zuerst mit den Blinden darüber sprechen, bevor wir anfangen daran zu arbeiten. Blinde liefern viele wichtige Informationen beziehungsweise Hinweise, damit die Speisekarte mit Braille effektiv und nachhaltig verwendet werden kann. Diese Idee ist, entgegen meiner Erwartung, schnell und gut angekommen. Bei diesem Gespräch habe ich einige Folien aus Deutschland übergeben. Auf diesen Folien kann man Braille durch die Braille-Schreibmaschine »tippen«.

Gebärdensprachdolmetschende lesen die Speisekarte für Blinde vor und die blinden Menschen tippen auf der Braille-Schreibmaschine Braille Schrift auf die Folie. Junge Gehörlose schneiden daraufhin die Folie entsprechend aus, um sie auf die Speisekarte aufzukleben. Wenn junge Gehörlose eine Frage an eine blinde Person haben, übersetzen die Gebärdensprachdolmetschenden dieses für beide Seiten. Somit herrscht keine Kommunikationsbarriere zwischen den Gehörlosen und den Blinden.

Der erste Kindergarten der Gehörlosen ist in der zweiten und dritten Etage an der Ostseite der Kinderkrippe des Stadtteils Kaeson des Stadtbezirks Moranbong in der Hauptstadt Pyongyang eingerichtet worden. Da die Geburtsrate in Pyongyang, wie auch bei uns in Berlin, zurückgegangen ist, sind alle Räume an der Ostseite und in der vierten Etage nicht mehr genutzt. Diese Räume haben wir dann im Dezember 2014 (4. Etage) und Mai 2015 (Ostseite) für den Gehörlosenkindergarten und für das Gehörlosenzentrum mit der Zustimmung des Volkskomitees des Stadtbezirks Moranbong übernommen. Der Inklusionsgedanke herrscht auch in Pyongyang: Der Flur zwischen dem Gehörlosenkindergarten an der Ost- und der Kinderkrippe an der Westseite soll nicht durch Mauern getrennt werden, sondern nur durch von unseren Gehörlosen angefertigten Türen, damit die gehörlosen und hörenden Kinder an bestimmten Tagen durch die geöffneten Türen gehen und zusammen spielen und lernen können. Die Idee mit den Türen weckte in mir die Erinnerungen an das gemeinsame Spielen zusammen mit hörenden Kindern mit von Playmobil-Figuren. Deswegen entschied ich mich eine E-Mail an Playmobil zu schreiben, mit der Bitte um zwei Playmobil-Häuser für unseren Gehörlosenkindergarten in Pyongyang.

Das Playmobil-Spielzeug dient auch als wichtiger Beitrag zur bilingualen Bildung. (Die koreanische Schriftsprache und die koreanische Gebärdensprache sind zwei unterschiedliche Sprachen. Es wird deshalb von einer bilingualen Erziehung gesprochen.) Wir Gehörlose lernen durch alles, was visuell ist. Playmobil-Figuren und Playmobil-Teile haben Bezeichnungen, zum Beispiel Bett oder Lampe und so weiter. Gehörlose Erziehende können gehörlosen Kindern beim Spielen mit Playmobil Bezeichnungen der Teile in der koreanischen Gebärdensprache und koreanischen Sprache durch das Fingeralphabet beibringen. Wir haben großes Glück, dass die Erziehenden im Kindergarten selbst gehörlos sind und die koreanische Gebärdensprache beherrschen.

Selbst viele Gehörlose haben mir nicht gleich geglaubt, aber als ich ihnen Filme davon zeigte, waren sie verblüfft, dass es in Korea überhaupt gehörlose Erwachsene gibt und bilinguale Bildung im Kindergarten möglich ist. Leider muss ich dazu sagen, dass wir noch ganz am Anfang sind. Wir starten unser erstes Experiment hier in Pyongyang. Ich hoffe, dass dieser erste Gehörlosenkindergarten, als bestes Beispiel der bilingualen Erziehung und Vorbild für weitere Kindergärten landesweit dient.

Am 5. August verbrachte ich die meiste Zeit im Büro für die Vorbereitung des »Good Fellowship«, einer internationale Gehörlosenreise mit 20 Teilnehmenden aus sieben verschiedenen Ländern (Mongolei, Hongkong, Singapur, Japan, Dänemark, Norwegen und Deutschland). Diese fand vom 6. bis zum 12. August 2016 statt. Am Nachmittag des 6. August kam die Reisegruppe des 8. Internationalen Gehörlosentreffens »Good Fellowship« in Pyongyang an. Die Wiedersehensfreude war sehr groß und ich war sehr gerührt. Endlich begann die Woche der Freude, wonach ich mich sehr sehnte. Die Kommunikation erfolgte ausschließlich in Gebärdensprache. Die Vorsitzende des Mongolischen Gebärdensprachdolmetscherverbandes begleitete uns und übersetzte alles in Internationale Gebärdensprache.

Höhepunkt unserer Reise war das Treffen mit der Gehörlosengemeinschaft in Pyongyang. Zuerst besuchten wir den ersten Kindergarten der Gehörlosen in Nordkorea und das Gehörlosenzentrum, das im Rahmen des Vier-Jahresaktionsplans des Weltverbandes der Gehörlosen und der Koreanischen Vereinigung für den Schutz der Behinderten eingerichtet worden ist.

Die gehörlosen Kinder im Gehörlosenkindergarten auf den zweiten und dritten Etagen des Gehörlosenzentrums freuten sich über die Geschenke der gehörlosen Gäste und waren sehr neugierig. Leider war die Zeit zu kurz, um länger mit den gehörlosen Kindern zu spielen. Die koreanischen Reiseführenden haben gelernt, dass die Zeitspanne beim Besuch des Gehörlosenkindergartens für gehörlose Gäste länger als für nichtbehinderte Gäste sein sollte. Die Kommunikation zwischen den gehörlosen Gästen und den koreanischen gehörlosen Kindern klappte doch, trotz des großen Sprachunterschiedes. Die Kinder zeigten uns stolz die zwei Playmobil-Häuser. Dann führte uns der stellvertretende Vorsitzende des Gehörlosenverbandes, Herr Ri Kuk-Jin und eines der Vorstandsmitglieder des Gehörlosenverbandes Koreas, Herr Ri Song-Il, zum Gehörlosenzentrum, wo vier Vereine ansässig sind, die im Zuge des Aktionsplans 2013-2016 gegründet worden waren: Der Gehörlosenverband Koreas, der Gebärdensprachdolmetscher-Verband Koreas und das Koreanische Wirtschaftliches und Kulturelle Zentrum für Gehörlose.

Viele ausländische Gäste sind von dem Filmstudio der Gehörlosen im Gehörlosenzentrum sehr begeistert. Hier werden Videos in Gebärdensprache produziert, was der nachhaltigen Förderung der Gehörlosenbildung dient. Auch darüber, dass fünf Bände des Gebärdensprachbüchleins von jungen Gehörlosen selbst für die gehörlosen Kleinkinder entwickelt worden sind, erstaunte die Gäste sehr. In nur drei Jahren konnten Gehörlose aus »nichts« vieles erreichen. Auch mir hat die Reaktion der ausländischen Gäste viel Freude bereitet und mich dazu ermutigt, meine Arbeit beim ständigen Vertretungsbüro des Weltverbandes der Gehörlosen in Pyongyang langsam zu beenden. Dabei dachte ich schon heimlich an die Zukunft, an einige neue Ideen und diese in Zusammenarbeit mit gehörlosen Freunden in Nordkorea umzusetzen. Anschließend besuchten wir wie jedes Jahr den Friseur und die Schneiderei, wo Gehörlose beschäftigt sind. Außerdem das Taedonggang Kulturhaus der Koreanischen Vereinigung für den Schutz der Behinderten, um dort die Tanzperformance der Gehörlosen anzuschauen und mit ihnen weiter Erfahrungen auszutauschen.

Am 12. August flogen die Teilnehmenden des Good-Fellowship wieder nach Hause. Ab diesem Zeitpunkt war ich wieder der einzige ausländische Gehörlose in Pyongyang, aber weniger frustriert als vorher, denn ich freute mich über die positiven Rückmeldungen der ausländischen Gehörlosen über die Gehörlosenentwicklungsarbeit in Nordkorea. Ein gehörloser Japaner hat schon drei Mal am Internationalen Gehörlosentreffen teilgenommen und konnte die rasche Entwicklung der Gehörlosenarbeit eindeutig erkennen. Er erzählte uns, dass sich bei seiner ersten Reise keiner der gehörlosen Nordkoreaner sich traute, mit ihm zu sprechen. Bei seiner zweiten Reise konnte er mit einigen Gehörlosen plaudern, aber bei seiner dritten Teilnahme sprachen ihn die gehörlosen Jugendlichen aus Pyongyang direkt an.

Auch beim Besuch des Palasts für Wissenschaft und Technik auf der Ssuksom-Insel war ich tief gerührt und habe mich gefreut, dass die von Gehörlosen selbst entworfenen Gebärdensprachbücher und Filme mit Gebärdensprache im Rahmen des Vier-Jahresaktionsplans in einem gesonderten Raum mit dem Schwerpunkt für Menschen mit Behinderung gezeigt werden. Dieser Raum soll auf Anweisung von Kim Jong-Un eingerichtet worden sein. Das zeigt schon eine gewisse Öffnung hin zu Behindertenthemen in Nordkorea.

Am 14. August hatte ich ein interessantes Abendessen mit einem britischen Journalisten, der regelmäßig nach Pyongyang reist, um über die Entwicklung des Gehörlosenfilmstudios zu sprechen. Zum Glück bekamen wir dafür die finanzielle Unterstützung von der Hongkong- Nordkoreanischen Solidaritätsgruppe der Gehörlosen im Hongkonger Gehörlosenverband.

Das ist auch ein Grund, weshalb ich die Frage einiger Journalistinnen und Journalisten nach meiner Freizeitbeschäftigung schwer beantworten
konnte. Es gab kaum Freizeit, die aber dennoch manchmal sehr fehlte. An einem Tag musste ich zu Fuß zum Zentralkomitee der Koreanischen Vereinigung zum Schutz der Behinderten in Pyongyang gehen, um dort die erforderlichen Unterlagen abzugeben. Besonders fiel mir neben der Hitze auch das Anliegen eines von der EU geförderten Projekts zur Last. Eine Institution des Ministeriums für Außenangelegenheiten in Pyongyang hatte die von EU geförderte Projektumsetzung noch nicht autorisiert, das heißt es gab immer wieder Gespräche ohne Ergebnisse. So geht es eben in Pyongyang zu.

Wenn das Wetter am späten Nachmittag etwas kühler war, kaufte ich meistens bei einer Fahrt zwischen 50-100 Bierflaschen. Dann tauchte ich alle Bierflaschen zuerst in einer Badewanne unter, um die Bieretiketten von den Flaschen abzulösen. Wozu die Bieretiketten? Es gibt weltweit treue Bieretikettensammler und ich konnte einige Euros als Spende von Bieretiketten für unsere kleinen Projekte bekommen. Wie jede Woche wird mittwochs oder donnerstags diskutiert, was in der nächsten Woche geplant wird. Doch genau diese Arbeit ergibt nur wenig Sinn, denn das Programm ändert sich ständig oder wird manchmal überhaupt nicht durchgeführt. Am 18. August hatten wir mal wieder eine gute Sitzung. In der nächsten Woche wird die Fahrt zum Kwang-Myong-Braillenverlag und zur Taedong Blindenschule vorbereitet, um die Projekte zu besichtigen beziehungsweise zu evaluieren. Entgegen meiner Erwartung wurde mir heute die erste Speisekarte mit Braille vorgestellt und ich hatte dazu die Möglichkeit, mit dem Projektteam zu sprechen.

Jedes Mal, wenn ein Projekt gut klappt, bereitet es mir große Freude und ermutigt mich auch immer wieder. Mein Vorschlag zu einem gemeinsamen Mittagessen mit blinden Menschen im Chilbosan- Restaurant in der nächsten Woche wurde beispielsweise angenommen. Außerdem erhielt ich endlich das Schreiben mit einer Liste von Schwierigkeiten der koreanischen Seite im Gehörlosenzentrum und wir sollten bis zum Ende des Jahres über die Lösung der Probleme nachdenken.

Zum Beginn der letzten Augustwoche in Pyongyang konnte ich die indische Botschafterin besuchen, um ein Yoga-Buch in Braille zu bekommen und sie vor meiner Abreise zu verabschieden. Trotz der Hitze musste ich die Arbeit weiter bewältigen und mich gleichzeitig auf die Fahrt am nächsten Tag zur Blindenschule und zum Braille-Verlag vorbereiten. Außerdem hat die wiederholte Erhöhung der Internetgebühr von 610,00 Euro pro Monat meine Stimmung getrübt. Wie jeden Monat musste ich heute zum ICC (International Communication Center) am Potonggang-Fluss, um die Internetleitungsgebühr zu begleichen und dann zum Star-Joint Venture-Büro im Oesong Unterbezirk an der Haebang-Straße zur Begleichung der Internetgebühr, alles per Geldkarte.

Am frühen Morgen, des 23. August wurden mein Kollege und ich von drei Mitarbeitenden am Rand des Botschaftsviertels abgeholt und wir fuhren mit einem Bus zum Kwang-Myong Braillenverlag im Sungho Bezirk. Auf der Hauptstraße wird gebaut, daher mussten wir auf einer Umleitung fahren. Das war ein riesiges Abenteuer. Am späten Nachmittag sind wir zurück nach Pyongyang gefahren und hatten ein tolles Mittagessen, bei dem eine blinde Frau, dank der Speisekarte mit Braille, das Essen selbst auswählen konnte. Anschließend konnten wir die Blindenschule Taedong besichtigen. Mit der Kontrolle war ich grundsätzlich zufrieden. Über die Ausstellung des Wiedereinreise-Visums mit der Gültigkeit für 66 Tage habe ich mich sehr gefreut.

Am letzten Tag meines Aufenthalts in Pyongyang, dem 25. August, war wieder ein großer Feiertag in Nordkorea und ich genoss den ruhigen Tag und konnte mich gut auf die Abreise vorbereiten. Einige meiner Pflanzen im Büro habe ich der schwedischen Botschaft übergegeben, damit sie behutsam gepflegt werden können. Am Nachmittag erlebte ich einen sehr produktiven Gedankenaustausch mit der Vertretungsperson von UNICEF zur Förderung der Bildung gehörloser Kinder in Nordkorea. Zum guten Ausklang des letzten Tages lud mich die Botschaftsrätin von Großbritannien zum Abendessen in Pyongyang ein. Gegen Abend bin ich auf dem Sofa im Büro eingeschlafen und freute mich sehr auf die Abreise nach Berlin.

Es ist noch nicht dunkel in Berlin und mein Kaffee ist schon lange leer. Die Menschen strömen an der Kastanienallee vorbei und das Café wird immer voller. Hoffentlich hilft dieser Beitrag ein bisschen, sich meinen Alltag in Pyongyang vorstellen zu können.

ROBERT GRUND
hat eine Berufsausbildung als Reiseverkehrskaufmann bei China
Tours GmbH in Hamburg gemacht (2006-2009). Von 2007 bis 2012
vermittelte er in Zusammenarbeit mit der Korean International
Travel Company (KITC) Individual- und Gruppenreisen nach Nordkorea
über die Reisegesellschaft TSCHOLLIMA Reisen. Seit 2008
ist er Verbindungsbeauftragter des Weltverbandes der Gehörlosen
(WFD) für die Koreanische Vereinigung zum Schutz der Behinderten
(KFPD) sowie Vorsitzender der deutschen Behindertenselbstvertretung-
sorganisation ZUSAMMEN Hamhung e.V. Bis Ende 2016 arbeitet er als
Vertretungsperson des Weltverbandes der Gehörlosen in Pyongyang.

Mit freundlicher Genehmigung vom:

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