Braille-IT-Center für Nordkorea

In Nordkorea haben nur die Ausländer und ausgewählte koreanische Institutionen Verbindung zum Internet. Viel breiter zugänglich ist das Intranet. Dort sind alle öffentlichen Einrichtungen angeschlossen und es gibt sehr viele wichtige Informationen für die Nutzer. Die Einrichtungen für blinde Menschen hatten bis 2013 aber keinen Zugang zum Intranet, weil es in Nordkorea bis dahin keine IT-Technik für Blinde gab.

Um mit dem Computer arbeiten zu können, brauchen blinde Menschen eine spezielle Software. Diese Software wird Screenreader genannt. Sie übersetzt die Schrift auf dem Bildschirm für die blinden Nutzer in akustische Sprache und in Brailleschrift. Damit die Blinden die Brailleschrift lesen können, brauchen Sie ein Gerät, auf dem sie die Schrift ertasten können. Dieses Gerät wird Braillezeile genannt.

Die Einführung dieser Technik ist für Blinde eine echte Revolution! Mithilfe dieser Technik können Blinde viel selbstbestimmter und unabhängiger leben. Diese Möglichkeiten wollte ZUSAMMEN-Hamhung auch den blinden Menschen in Nordkorea zugänglich machen. Dafür sollte ein Braille-IT-Center aufgebaut werden. Mit der Unterstützung von dem Bischöflichen Hilfswerk MISEREOR, der Christoffel-Blindenmission und dem deutschen Auswärtigen Amt konnten wir dieses Projekt im Jahr 2013 umsetzen.

Es gibt vier wichtige Blindeneinrichtungen in Nordkorea: drei Blindenschulen und einen Brailleverlag. Für jede dieser Einrichtungen wurde von uns bei der Firma Optelec eine Braillezeile und ein Brailledrucker gekauft und nach Nordkorea gebracht. Die nordkoreanische Seite musste dann dafür sorgen, dass es an den Schulen und im Brailleverlag auch die nötigen Leitungen gab, um eine Intranetverbindung herzustellen, denn das Braille-IT-Center sollte die vier verschiedenen Blindeneinrichtungen miteinander verbinden.

So weit, so gut! Aber da die beste Technik nichts nützt, wenn man nicht weiß, wie man sie benutzen kann, hat ZUSAMMEN-Hamhung noch einen blinden IT-ler engagiert, der bereit war, nach Pjöngjang zu kommen und Blinden den Umgang mit der Technik zu erklären. So kam es, dass René Ludwig im Herbst 2013 für drei Wochen in Nordkorea zu Besuch war und einen Braille-IT-Kurs durchführte. Der Kurs war für alle Seiten super spannend! Hier ein paar Eindrücke:

Die Kursteilnehmer waren unglaublich wissensdurstig und motiviert! Sie haben das englische Alphabet, das 10-Finger-Schreibsystem und die Bedienung der Braille-Zeile praktisch parallel gelernt. René war baff! Leider konnten die blinden Teilnehmer kein Englisch, sodass immer eine Dolmetscherin übersetzt hat.

Ziemlich beeindruckt waren auch die Leute von der Koreanischen Vereinigung zum Schutz der Menschen mit Behinderungen (KFPD), die Leute vom Bildungskomitee und von der Schulbehörde. Ein gehörloser Projektmanager organisiert einen Kurs für Blinde! Und ein blinder Trainer führt diesen Kurs dann mit blinden Teilnehmern durch! Behinderte arbeiten mit Behinderten – so etwas hatte es in Nordkorea auf diese Art noch nicht gegeben!

Überzeugt von der Lernfähigkeit der blinden Kursteilnehmer, haben die Vertreter vom Bildungskomitee versprochen, dass an den Schulen für Blinde und Gehörlose zukünftig nach den gleichen Lehrplänen unterrichtet wird wie an den Regelschulen. Und es sollten dort auch Fremdsprachen unterrichtet werden! Was für ein Meilenstein in der Bildung für Gehörlose und Blinde in unserem Gastland!

Es war wirklich eine ganz große Sache, dieses Projekt durchzuführen und es hat viel gebracht! Trotzdem sind wir mit der IT-Technik für Blinde erst am Anfang: In Nordkorea wird zum Teil mit einem Betriebssystem gearbeitet, für das es keine Screenreader-Software und auch noch keine Software zur Benutzung der Braille-Drucker gibt. Außerdem reichen eine Braillezeile und ein Drucker je Schule nicht aus. Bisher haben nur sehr wenige Schüler den Umgang mit der Technik erlernen können. Wir wollen die Nordkoreaner deshalb dabei unterstützen, diese Technik unter den Blinden in Nordkorea zu verbreiten und eigene technische Lösungen zu entwickeln.

Es gibt also noch sehr viel zu tun und wir freuen uns darauf, gemeinsam mit unseren koreanischen Partnern in Sachen Blindenarbeit weiter voran zu kommen!

Wollen Sie uns dabei unterstützen?

Wir freuen uns über jede Spende.

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